Divide et impera: lustiges Betreuungsgebührengeplänkel im Ratssaal

Die Elternbeiträge sind ein Thema, das den Borsdorfer Gemeinderat alle Jahre wieder beschäftigt, bei dem die Diskussion hin- und herwogt und auch so manches populistische Lehrstück dargeboten wird. Genauer gesagt geht es um die „Satzung über die Erhebung von Elternbeiträgen für die Betreuung von Kindern in Kindertageseinrichtungen und in Tagespflege“. Hinter dieser sperrigen Bezeichnung verbirgt sich die Festlegung, wieviele Euronen Eltern monatlich dafür berappen müssen, dass ihr Kind in Krippe, Kindergarten oder Hort betreut wird. Grundlage sind die akribisch ermittelten Betriebskosten der Einrichtungen, die zum Teil auf die Eltern umgelegt werden. Außerdem wird zwischen „Familien“ und „Alleinerziehenden“ unterschieden sowie zusätzlich zwischen erstem, zweiten oder drittem Kind und natürlich wird auch die Dauer der täglichen Betreuung berücksichtigt.

In den letzten fünf Jahren gab es bei den Elternbeiträgen nur eine Richtung: nach oben! Und auch fürs kommende Jahr  ermittelte die Verwaltung für Krippe und Kindergarten steigende Betriebskosten. Das ist zum großen Teil dem verbesserten Betreuungsschlüssel geschuldet, denn „mehr Personal“ kostet auch mehr Geld. Außerdem schlagen sich steigende Preise z.B. bei Gas und Strom in der Kalkulation nieder. Folgerichtig hatte die Verwaltung dem Gemeinderat eine deutliche Anhebung der Elternbeiträge für Krippe und Kindergarten vorgeschlagen. Lediglich beim Hort ergab sich eine geringfügige Senkung; dort hatte der gewachsene Anteil jüngerer Mitarbeiter die Personalkosten sinken lassen.

„Die von der Verwaltung vorgeschlagene Erhöhung der Beiträge führte bei der Vorberatung im Ausschuss zu heftigen Diskussionen“, berichtete Bürgermeister Ludwig Martin am 6. November während der Beratung des Themas im Gemeinderat. „Es zeigte sich, dass der Entwurf keine Mehrheit finden würde.“ Und so einigten sich die Mitglieder des Gemeinderates bei der Vorberatung auf einen Kompromissvorschlag: Dieser sah eine Erhöhung der Elternbeiträge für Krippe und Kindergarten um drei Prozent vor, während für den Hort die o.g. leichte Absenkung erfolgt. Das spiegelt zugleich die geänderten Sitzverhältnisse im neu gewählten Gemeinderat wider, denn mit dem Schrumpfen der CDU-Fraktion müssen Kompromisse eingegangen werden.

Im Gemeinderat wurde im Hinblick auf den gefundenen Kompromiss allersings ein Sinneswandel deutlich. In der Diskussion kündigte Tobias Uhlmann (BfGB) an, dem Beschluss nicht zuzustimmen. Er sprach sich für ein Einfrieren der Beiträge aus. Diese Auffassung vertrat auch Birgit Kilian (SPD). Sie habe den Kompromissvorschlag im Ausschuss gut gefunden, sei im Ergebnis des Nachrechnens aber zu einer anderen Auffassung gelangt.  Matthias Fehr (FWG’94) bezeichnete den Kompromiss als „für alle nicht schön“, wies aber darauf hin, dass das Geld benötigt werde. Prof. Dr. Arne Rodloff betonte, dass es es schön fände, wenn die Kinderbetreuung in Sachsen wie auch in anderen Bundesländern kostenfrei wäre. Da das aber derzeit nicht möglich sei, komme man nicht umhin, Elternbeiträge zu erheben. Von denjenigen, die sich fürs Einfrieren aussprechen, forderte er im Gegenzug Vorschläge für Einsparungen im Haushalt an, um die Mindereinnahmen auszugleichen.

Nach längerer, teils emotional geführter Diskussion wurde deutlich, dass der Kompromiss aus der Vorberatung keine Mehrheit finden würde. Was nun folgte, war ein Lehrstück in kommunalpolitischer Diplomatie: Bürgermeister Ludwig Martin brachte die Beschlussvorlage nach einem Geschäftsordnungantrag dreigeteilt zur Abstimmung. Statt wie geplant „im Paket“ über die Elternbeiträge abzustimmen, wurden die drei Punkte nun einzeln aufgerufen. Und so wurde die dreiprozentige Anhebung der Krippenbeiträge mit neun Stimmen (sechs Gegenstimmen, eine Enthaltung) angenommen, die Anhebung der Kindergartenbeitäge wurde mit dem selben Ergebnis bestätigt, während für die Senkung der Hortbeiträge alle Gemeinderäte stimmten. Bei der abschließenden nun-doch-Abstimmung übers Gesamtpaket gab es neun Stimmen dafür, fünf dagegen und zwei Enthaltungen. Damit ist die neue Beitragssatzung beschlossen und der Bürgermeister freute sich über doch noch zum Tragen gekommenen Kompromiss. Die genauen Zahlen werden per Aushang und Amtsblatt bekanntgemacht.    André Dreilich

 

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